Christkatholische Kirchgemeinde St. Gallen
(Quelle: Patrick Blickenstorfer)

Ein steiniger Weg bis zur Gründung

Dreimal mussten die St. Galler Christkatholiken damals das Bundesgericht anrufen, um als Kirchgemeinde im Kanton anerkannt zu werden!

In seinem 1901 erschienenen Buch über die «Geschichte der Christkatholischen Gemeinde St. Gallen» berichtet Dr. Karl Weiss ausführlich und auch etwas unterhaltsam über den liberalen Katholizismus in St. Gallen und über die Begebenheiten, die zur Gründung der Kirchgemeinde führten. Dies war über weite Strecken ein steiniger Weg.

Christkatholische Kirchgemeinde St. Gallen
(Quelle: Patrick Blickenstorfer)

Nach dem 1. Vatikanischen Konzil wurden die innerkatholischen Differenzen zu den beiden durchgesetzten Dogmen auch in der Ostschweiz vehement und öffentlich ausgetragen. Die liberalen katholischen Kräfte verlangten, katholisch bleiben zu können, ohne sich dem Zwang, diese Dogmen anzuerkennen, beugen zu müssen. Dabei spielte der St. Galler Regierungsrat damals eine unrühmliche Rolle; um den Religionsfrieden (mit der konservativen, römisch-katholischen Seite) nicht zu gefährden, verweigerte er der «abtrünnigen» christkatholischen Gemeinschaft mehrmals die Anerkennung, obwohl gerade sie, die liberalen Kräfte, im damals noch jungen Staat gegen die anmassenden Ansprüche der romtreuen Kräfte ankämpften. Erst 1898, nachdem die St. Galler Christkatholiken das Bundesgericht zum dritten Mal angerufen hatten, schützte dieses ihr Recht auf staatliche Anerkennung. Unterdessen haben sich die Wogen Gott sei Dank geglättet; die ökumenischen Beziehungen zu den anderen Kirchen sowie jene zu den staatlichen Behörden sind freundschaftlich geprägt. Heute sind im Kanton St. Gallen die Römisch-katholische, die Reformierte und die Christkatholische Kirche sowie die jüdische Gemeinde anerkannt.

Pfr. Peter Grüter

Erschienen im Christkatholisch Nr. 14/2023