Ein wundervolles Gemeindejubiläum
Die Christkatholische Kirchgemeinde Aarau und Zofingen feierte am Sonntag, 15. Januar 2023 mit einem Jubiläumsgottesdienst und einer Podiumsdiskussion ihr 150-jähriges Bestehen. Pfr. Lenz Kirchhofer verfasste diesen Rückblick auf den gelungen Anlass.
Die christkatholische Kirchgemeinde Aarau feierte mit rund 150 Gästen ihr 150-jähriges Bestehen. Die Stadtkirche in Aarau war damit gut gefüllt und der ökumenische Festgottesdienst gut besucht. Der Eröffnung der Wanderausstellung «unterwegs» im Stadtmuseum und dem Podiumsgespräch in diesem Rahmen wohnten fast 60 Personen bei. Die Veranstalter ziehen daher eine positive Bilanz, obwohl es beim Podium noch Vieles zu sagen, zu diskutieren und zu klären gegeben hätte, wie zum Beispiel das Detail, ob das Chili, das es unter anderem zum Mittagessen gab, jetzt wirklich zu scharf war oder eben gerade genug, damit es diesen Namen wirklich verdiente. Oder woher plötzlich die zusätzlichen Flaschen Wein gekommen waren und ob sie tatsächlich einem Weinwunder wie an der Hochzeit von Kanaa, die Thema im Gottesdienst war, zu verdanken waren.
Was aber soll man denn anlässlich des Jubiläums überhaupt feiern und das in diesen Zeiten? Diese Frage stellte nicht nur der Festprediger Harald Rein, Bischof der Christkatholischen Kirche der Schweiz. Für ihn war es die Hoffnung, dass die christkatholische Kirchgemeinde in Aarau mit Gottes Hilfe weitere 150 Jahre bestehen wird, auch wenn zur Zeit viele Menschen aus den Landeskirchen austreten. Daniel Hess, Pfarrer der reformierten Kirchgemeinde, sprach von einer «WG-Party», weil die Stadtkirche seit der Kantonsgründung Gotteshaus für reformierte und katholische Gottesdienste ist. Den Mut der christaktholischen Kirche damals und heute, andere Wege zu gehen, lobte Bernadette Lütolf. Sie ist Pastoralassistentin in der römisch-katholischen Pfarrei Aarau. Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker würdigte den Beitrag, den die Kirchgemeinden vor Ort im Allgemeinen mit ihren Angeboten für die Attraktivität der Stadt Aarau leisten.
Liegt also die Zukunft der Kirche in Gottes Hand, der Gemeinschaft der Gläubigen, dem Mut, Neues zu wagen und dem Dienst an der Allgemeinheit? Das kann unter dem Strich eine Antwort sein auf die Sinnkrise, in der sich die Landeskirchen aufgrund des steten Mitgliederschwundes seit Jahren befinden. Dieser betrifft auch die Christkatholische Kirche der Schweiz. Im Unterschied zu den beiden grossen Landeskirchen, der reformierten und römisch-katholischen, war die christkatholische Kirche aber schon immer sehr klein und ihre Mitglieder leben oft zerstreut grössere Gebiete. So leben auf dem Gebiet der christkatholischen Kirchgemeinde Aarau, das sich vom Freiamt bis nach Aarau und von Bremgarten bis Zofingen erstreckt, aktuell rund 400 Mitglieder.
Die Festgemeinde erlebte vor diesem Hintergrund einen abwechslungsreichen Sonntag. Da war Raum für Besinnung und Spiritualität im Gottesdienst, wozu die kurze Messe «Veni et Ostende» der Berner Komponistin Helene Ringgenberg wesentlich beitrug, gesungen von der Singgruppe der christkatholischen Kirchgemeinde unter der Leitung von Georg Fluor mit den Solistinnen Alexandra Mutter und Regine Fluor. Da war beim gemeinsamen Essen aber auch Raum für Begegnungen zwischen Jung und Alt, alten Bekannten und neuen Gesichtern, Fremdem und Vertrautem. Das von Norbert Bischofberger moderierte Podium mit Hanspeter Hilfiker, Veronika Jehle und Thomas* (sic!) Ramseier-Schmitz schliesslich lud ein, über die persönliche Position zum Thema Wahrheit nachzudenken und zu diskutieren und fremde Standpunkte zu hören.
Dieser Diskurs hätte an diesem Festnachmittag noch lange weiter gehen können und wer weiss: vielleicht hätte man nach einer mehrstündigen Diskussion auch den an diesem Tag vielbeschworenen gesellschaftlichen Konsens gefunden, auch punkto Chili und Weinwunder. Für den Moment aber blieb es erst einmal bei einer guten Stunde reger Podiums- und Publikumsdiskussion. Wer wollte und es nicht schon vor dem Fest getan hatte, konnte in der Ausstellung «unterwegs» verweilen. Diese regt die Besucherinnen und Besucher gerade dazu an, sich über die eigene Religiösität Gedanken zu machen, den Diskurs und auch den Konsens darüber immer weiter zu suchen. Sie ist frei zugänglich und bis Ende Februar im Foyer des Stadtmuseums Aarau zu Gast. Vertiefungsmöglichkeiten bilden auch zwei Referate am 26.1. und am 9.2. jeweils um 12:30 Uhr, die ebenfalls im Stadtmuseum stattfinden werden.
Pfr. Lenz Kirchhofer