Allschwil, am Neujahrstag 2024
Lieber Bischof Adolf Küry
Mit 98 von 104 abgegebenen Stimmen wurden Sie an der 50. Session der Nationalsynode am 16. Juli 1924 zum zweiten Bischof der Christkatholischen Kirche der Schweiz gewählt. Im Christkatholischen Hauskalender von 1925 werden Sie als Mensch mit warmer aufrichtiger Menschfreundlichkeit beschrieben. Jemand, der auch die bisherigen Tätigkeiten verantwortungsvoll wahrgenommen hat. In Ihrem ersten Hirtenbrief zum Amtsantritt umschreiben Sie Ihre Ausrichtung und Ihre Haltung im Bischofsamt. Ihre Sprache entspricht nicht mehr unserer Zeit. Doch Ihr Anliegen ist aktuell und brennend. Sie schreiben aus den Erfahrungen des ersten Weltkrieges. Auch heute stehen wir machtlos und ohnmächtig Krieg und Terror gegenüber. So viel Unheil, das Menschen weltweit erfahren.
Nur in «gemeinsamer Arbeit» können die Schwierigkeiten und Probleme gelöst werden, betonen Sie. Dabei geht es nicht um Bevormundung, sondern der einzelne Mensch soll gefördert und gestärkt werden. Alle haben das Recht ihre Meinung zu äussern, sei es bei Tagesfragen oder Meinungen. Die Kunst in all dem ist dabei vor lauter Betriebsamkeit das Wesentliche nicht zurückzustellen oder gar zu verkürzen. Dieses Anliegen wiederholen Sie immer wieder. Das Wesentliche ist sich am Reden und Handeln Jesu Christi zu orientieren. Der Geist Christi ist für Sie universal und umfassend. Aus dieser Haltung heraus sollen wir den Menschen begegnen und die anstehenden Aufgaben angehen.
Aufgrund von immer weniger werdenden Gemeindeglieder besteht heute die Gefahr, dass wir uns auf unsere Kirche sowie in unsere Gemeinde zurückziehen. Ich denke, dass Ihre Worte gerade auch deshalb aktuell sind: «Christi Geist bewahrt von konfessioneller Engherzigkeit und macht aufgeschlossen für andere Anschauungen und für Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten. Er befähigt zur Achtung anderer Bekenntnisse und zur Hervorhebung dessen, was sie gemeinsam haben. … Das gemeinsame Gut derjenigen, die in den verschiedenen Kirchen Christus predigen, ist umfangreicher und gehaltvoller als das, was sie trennt.»
Ende des vergangenen Jahres haben mich die Gemeindeglieder zum Pfarrer gewählt. Ich bin mir der verantwortungsvollen Aufgabe bewusst, die ich übernommen und die mir übertragen wurde. Die Gedanken Ihres Schreibens sind für mich Orientierung und Ausrichtung: Die Aufgaben und das Miteinander aus dem universellen und umfassenden Geist Christi heraus gestalten. Danke, dass Sie Worte gefunden haben, die auch 100 Jahre später noch aufrütteln und ermutigen.
Herzlich grüsst Sie
Patrick Blickenstorfer